Historie der AGMuD
Seit in Deutschland audiovisuelle Medien für Schulen produziert und verliehen werden, seit den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts also, müssen diese dokumentiert und die Daten veröffentlicht werden. Lange Zeit, bis in die Mitte der achtziger Jahre, kam man mit Karteikarten sowie meist maschinengeschriebenen und kopierten Listen aus. Erst die steigende Vielfalt der Medientitel und -produzenten, vor allem aber die Einführung der Videokassetten, die zu einer sprunghaften Titelvermehrung führte, und der gestiegene Serviceanspruch der Kunden machte die Einführung der EDV in den Bildstellen notwendig.
Diese ermöglichte wiederum eine viel genauere Information über die Medieninhalte, was zu einem erheblichen Mehraufwand für Dokumentation in den einzelnen Bildstellen/Medienzentren führte, den es in dieser Form zuvor gar nicht gegeben hatte. Daher wurde nahezu zeitgleich mit der Einführung der Bildstellen-Verleih- und -Informationssysteme der Ruf nach gemeinsamer, arbeitsteiliger Medienerschließung, einer zentralen Datenbank und problemlosem Datenaustausch laut. Dass es fast zwanzig Jahre dauern würde, bis diese, eigentlich selbstverständlichen Ziele – regional immer noch sehr unterschiedlich – verwirklicht sein würden, konnte sich kaum einer der damaligen Computerpioniere vorstellen.
Die Gründe dafür sind vielfältig, lagen und liegen im Kern aber in der länderzentrierten Struktur des deutschen Bildungssystems, die im Bereich der Medienversorgung der Schulen durch die entscheidende Rolle der Kommunen als Sachaufwandsträger geradezu atomisiert wird.
Bereits in den 1970-er Jahren wurde unter Federführung des FWU ein Modellversuch „Aufbau einer Datenbank AV-Medien“ durchgeführt, der 1978 u.a. in das „Regelwerk zur formalen Erfassung und inhaltlichen Erschließung von audiovisuellen Medien“ mündete, das nicht nur im Bildstellensystem, sondern auch bei kirchlichen Medienzentren, Rundfunkanstalten, Universitäten und Zentralarchiven auf großes Interesse stieß. In diesem Regelwerk sind wesentliche Elemente der heutigen Datenbanken bereits definiert, so die fünfstufige Gliederung der Sachgebietssystematik, die Kennzeichnung der Medienarten mit Schlüsselnummern, ein eindimensionales Schlagwortverzeichnis, Abkürzungen für technische Angaben und Adressaten, Regeln für Inhaltsangaben, Lernziele, Urheberrechtsangaben usw. Leider konnte diese Datenbank zunächst technisch nur im FWU umgesetzt werden. An den Landes- und kommunalen Bildstellen wurden nur Bruchteile der Informationen auf Papier bzw. Karteikarten erfasst.
Die ersten EDV-Systeme für Bildstellen wurden Ende der siebziger Jahre an der Kreisbildstelle Siegburg auf einem Großrechner des Landratsamts und 1983 an der Kreisbildstelle Mühldorf auf einem der frühen PCs eingeführt. Erst 1985 zogen die Landesbildstellen nach (Baden-Württemberg mit einer Landeslizenz für das Sinix-Programm MEDIO, das aus der Mühldorfer PC-Lösung hervorgegangen war). Bis 1991 folgten die meisten anderen Landesbildstellen, wobei jede inhaltliche Änderungen am Datensatz oder an den inhaltlichen Definitionen wie z.B. der Sachgebietssystematik vornahm. Da das Mehrplatzsystem MEDIO für die meisten Kreis- und Stadtbildstellen zu teuer war, wurden dort parallel zu dieser Entwicklung eigene, meist stark abgespeckte PC-Lösungen eingeführt.
Dem Wunsch nach Erleichterung der Medienerschließung kam das FWU 1988 mit der Einführung des Datenbank-Service-Formats (DBS) und einem halbjährlichenDatenservice auf Disketten nach. Dieser Dienst wurde von vielen Medienzentren gerne angenommen und bildete die Datengrundlage, auch wenn nur FWU-Medien verzeichnet waren und etliche Medienzentren inhaltliche Änderungen an den Datensätzen vornahmen, um regionale Bedürfnisse besser abdecken zu können.
Mit zunehmender Verbreitung der EDV wuchs die Notwendigkeit, auch die Daten der Nicht FWU-Medien nicht in jeder Bildstelle selbst erschließen zu müssen. Einem gemeinsamen Datenpool standen aber die unterschiedlichen Strukturen und vor allem abweichende Definitionen der Inhalte identischer Felder entgegen. Zudem wurde die FWU-Sachgebietssystematik von vielen Bildstellen als zu kompliziert kritisiert.
Daher gründeten die Landesbildstellen und das FWU 1993 eine Arbeitsgruppe zur Vereinheitlichung der Sachgebietssystematiken und der Datenstrukturen im Bildstellenwesen der Bundesrepublik. Da sich die Arbeitsgruppe meist an der Landesbildstelle Hessen traf, wurde sie bald „Frankfurter Gruppe“ genannt. Das ursprüngliche Ziel, eine einheitliche Systematik wenigstens in den ersten drei Unterebenen zu schaffen, erwies sich als nicht praktikabel. So entstand bis 1995 eine komplett durchstrukturierte Systematik, die in den Folgejahren aufgrund von Praxiserfahrungen stetig aktualisiert und weiter entwickelt wurde.
Nahezu parallel dazu wurde 1994 bis 1998 der „Modellversuch Datenverbund Bildungsmedien“ (DVB) durchgeführt, der das Ziel hatte, eine gemeinsame Medien-Datenbank zu errichten, die kooperative Erschließung online ermöglicht. In enger Kooperation mit der „Frankfurter Gruppe“ wurde ein Austausch-Format (ATF) eingeführt, das auf dem DBS-Format des FWU beruhte, dieses aber wesentlich weiter entwickelte und die bundeseinheitliche Systematik einbezog. Leider konnten die Ergebnisse des Modellversuchs nicht in den Dauerbetrieb überführt werden. Dies scheiterte vor allem an technischen Problemen wie den damals noch langsamen und teuren Internet-Verbindungen, vor allem aber daran, dass die 16 Bundesländer sich nicht auf die Finanzierung des Betriebs einer gemeinsamen Medien-Datenbank einigen konnten.1998 wurde im Rahmen des Modellversuchs NuBB und parallel durch Gründung der AG Datenbank Bildungsmedien ein erneuter Anlauf zum Aufbau einer gemeinsamen Datenbank gemacht, in die nun auch die Schulfunk-/Schulfernsehproduktionen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die in Nordrhein-Westfalen aufgebaute, durch bundesweite Kooperation gepflegte Datenbank SODIS für Computersoftware integriert werden sollte. Zu diesem Zweck wurde, basierend auf den bisherigen Entwicklungen, das „Erweiterte Austausch Format EAF“ entwickelt, mit dem das FWU und die meisten staatlichen und kommunalen Medienzentren heute arbeiten.Im Jahr 2000 erhielt das FWU den Auftrag den Bereich „Schule“ im Deutschen Bildungsserver aufzubauen und zu betreuen. Erst in diesem Rahmen wurde es möglich, eine gemeinsame „Datenbank Bildungsmedien“ einzurichten und zu betreiben. Sie weist heute über 60.000 Medien des FWU, der Landesmedienzentren Baden-Württemberg und Sachsen und des von Nordrhein-Westfalen aufgegebenen Projekts SODIS, das im Auftrag der Bundesländer vom FWU weitergeführt wird, nach.
Angesichts der rapiden und schwerwiegenden Veränderungen im Bildstellensystem und bei der Mediennutzung in Schulen ist die Datenbank Bildungsmedien als gemeinsamer Informationspool wichtiger denn je.
Johannes Philipp